Das ist ihre grosse Chance:
HACK MAL WIEDER

Europäisches Treffen von Computer-Chaoten

"Hacker - die Hyaenen unter den Computer-Fachleuten" waren dem "Hamburger Abendblatt" am 7. Maerz einen langen Artikel wert. Anlass: der "Chaos-Computer-Club" in der Elbestadt hatte sein erstes, für eine breitere Öffentlichkeit von Computer-Freaks und deren Sympathisanten bestimmtes Info-Papier herausgebracht. Mit dem 4-seitigen Machwerk namens "Datenschleuder" wollen die Computer-Chaoten beweisen, so rezensiert die Springer-Postille, dass "Daten heute nicht mehr sicher vor Missbrauch sind.

Die Chaos-Leute zapfen Daten an, legen fiktive Konten an, und informieren ueber Lücken in den Sicherungssystemen der grossen Unternehmen."

Genau einen Monat nach dieser Hamburger Veröffentlichung wird sich am Wochenende im noblen Frankfurter Sheraton-Hoten am "Luftkreuz Europas" die Creme der Hacker-Szene zu einer "Euro- Party" treffen. Mit von und Organisator der Partie: Der King der amerikanischer Hacker-Gemeinde, und "Erfinder" des Hackens in fremden Computern, der 29jaehrige Informatiker Cheshire Catalyst.

Für 10 Dollar Eintrifft, und zum Übernachtungs-Sonderpreis von 162.- DM im Einzelzimmer (Normalpreis 315.-) steht die Hacker-Konferenz allen Freunden des Byte und Baud offen. Die Computer-Chaoten werden sich wohl nicht allein im Swimming-Pool des Sheraton aalen, so gross, und vor allem zahlungskräftig dürfte die Hacker-Gemeinde nun doch noch nicht sein. Ein reger Gedankenaustausch zwischen denen, die Computer betreiben, und jenen die sich illegal in diese per Telefon und Modem-Zusatzgerät zum "Apple", "Commodore" oder "Atari" einschleichen, könnte allerdings an der Bar oder beim Abend-Dinner stattfinden, wenn Manager und Hacker beim Bier zusammentreffen. Denn der amerikanische Organisator und Herausgeber der seit Jahren erscheinenden Hacker-Zeitschrift "TAP" hat seinen Flug vom Silicon-Valley in die Bankden- Metropole nicht aus eigener Tasche bezahlt. Eingeladen wurde Cheshire Catalyst vom Münchener "Leuro-Institut" vor die versammelte Schar der Manager, die sich um ihre auf Magnetplatten in Millionen von Mio-Byte gespeicherten Daten über geheime Waffen-Konstruktionspläne ebenso sorgen, wie um das Bekanntwerden von Gewinnen. Umsatzentwicklungen oder Schweizer Kontoständen. Auf einem Seminar zum Thema "Manipulation und Computersicherheit" wird Mr. Datenklau über seine Einschätzung von illegalem internationalen Datenaustausch berichten.

Referenten des Seminars, das in der Bayerischen Landeshauptstadt am 9. und 10. April im dem Frankfurten Sheraton in nichts nachstehenden feudalen Holiday-Inn stattfindet, werden neben dem "Hacker" auch Herren sein, die den Kampf gegen Wohnzimmer-Computerkriminalität professionell betreiben: Aus den USA ist als Gegenpart der Staats-Fachanwalt in Computer-Sachen, Dr. Blunbecker angereist. Und nicht nur die Herren aus den Chefetagen der Grosskonzerne werden dessen Ausführungen interessiert lauschen. Ein weiterer Fach- Referent, der Münchener Landeskriminalamts-Computerspezialist Paul wird wohl auch das eine oder andere Neue über modernen Datenklau dazulernen.

Denn "Sicherheit" für die eigenen Datenbestände ist wohl das wichtigste Schlagwort, für dessen inhaltliche Ausfüllung die hochdotierten Herren gerne weite Reisen und stressende Kongresse in Kauf nehmen, um dem nachzuspüren, was von den in jüngster Zeit bekanntgewordenen Berichten ueber Einbrüche in Datenbanken tatsächlich zu halten ist.

Früer wurde mit dem Begriff "Sicherheit" sofort "Ordnung" in Zusammenhang gebracht. Das ist heute überholt. Die "Kommunikationsrevolution" macht's (un)moeglich,. Wurden anno Dunnemals noch Kriege um Länderein geführt (...Volk ohne Raum), gehen heute die Kämpfe um den winzigsten Informationsvorsprung. Wer z.B. mit seinen Datenmaschinen im Weltmasstab die (Miss)Ernten eines Entwicklungslandes am besten vorausbrechnen kann, hat die besten Markt- und Machtvorteile, philosophiert ein "Chaos"-Computerknacker aus Hamburg. Da bilden allerdings auch die "Hacker" am Home- Computer noch keine Ansaetze von "Gegenmacht", aber immerhin zeigen und nutzen, oder produzieren sie doch (kleinste) Bräche im System.

Dabei ginge es doch um ein neues, noch nicht festgeschriebenes, doch für die Zukunft um so wichtigeres "Menschenrecht": das Recht auf freien, unzensierten Informationsaustausch. "Was die grossen Konzerne können (die lagern 'heisse' Daten, die nach bundesdeutschem Datenschutzgesetz überhaupt nicht gesammt werden dürfen, schlicht im Ausland, in telefonisch erreichbaren Datenbänken)", erklärt das Mitglied des 'Chaos Computer Club', "Machen wir eben auch! Daten, die in Computern gespeichert sind - dazu gehören auch Tricks, wie man Computer anzapft, und Erfahrungen ueber 'geknackte' Systeme - lassen sich genausogut verfielfältigen, wie Fotokopien, jedoch sehr viel schlechter finden oder gar beschlagnahmen".

"Datenschutz" wird jedoch auch in Hacker-Kreisen betrieben. In der Dezember-Ausgabe von "TAP", der amerikanischen "Zeitschrift fuer die Kommunikationsrevolution" benennt Ober- Hacker Cheshire Catalyst einen weiteren Grund fuer die Hacker- Euro-Party. Adressen der TAP-Abonennten werden nicht weitergegeben, eine stoerende Barriere fuer den Erfahrungsaustausch der Freizeit-EDVler. So sieht es auch der Hamburger CCC: die Abo-Kartei ihrter "Datenschleuder" wird zwar computergerecht, aber eben "hacksicher" aufbewahrt. "In Europa ist die Hacker-Szene einfach ein paar Jahre hinter den USA zurück, und da kann ein Informationsaustausch schon weiterhelfen", begrüssen die Hamburger "Chaos-Computer"-Leute Cheshires 'Europa-Party'. "So ein Treff ist eine gute Ergänzung zu einer Zeitschrift, denn manches lässt sich schliesslich - was ja wohl leicht einzusehen ist - nur mündlich machen".

Dieter Metk hackmal.d02